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Der Leitisvatn

Unterkellerter See mit Identitätsproblemen

Die Insel Vágar ist eine der großen Hauptinseln auf den Färöern und ein Muss, ob Du nun viel oder wenig Zeit auf den Färöer-Inseln verbringst. Denn hier gibt es etwas ganz Besonderes: einen unterkellerten See, der größte See der Färöer obendrein und zwar mit einem Identitätsproblem.

Der Leitisvatn

Pferde auf Vagar

Am Leitisvatn

Der Leitisvatn

Der Trælanípa

Ein See, zwei Namen

Aber der Reihe nach. Da auch Richy und ich auf Vágar Station machen, steht der Spaziergang entlang dem Leitisvatn ganz oben auf unserer Wunschliste. Jedoch unter falschem Namen, wie sich herausstellt, denn wir planen eine Wanderung am Sørvágsvatn. Unter den Einheimischen trägt der See zwei Namen. Und auch in der Karte ist er sowohl als Leitisvatn wie auch als Sørvágsvatn eingezeichnet. Häh? Habe ich eine Staumauer oder ähnliches übersehen?

Der Trælanípa

Auf dem Weg zum Trælanípa

Auf dem Weg zum Trælanípa

Leichter Weg mit Panoramablick

Vor Ort sieht der See wie ein ganz normaler See aus oder jedenfalls, wie ich mir einen ganz normalen See auf den Färöern vorstelle. Am Ortsausgang von Miðvágur, von wo aus wir die Tour starten ist einiges an Betrieb – nicht nur wir sind unterwegs. Kein  Wunder, gilt der Weg doch als leicht und schön.
Nach einem  unschwierigen  Anstieg auf einem erst vor Kurzem gut ausgebautem Wanderweg befinden wir uns etwa 300 bis 800 m vom Ufer des Sees entfernt und laufen dort, wie ich in der Karte feststellen kann, an der 100-m-Höhenlienie entlang. Schön eben, nicht anstrengend und immer mit einem Premium-Blick auf den See – und zwar auf den Leitisvatn, nicht auf den Sørvágsvatn!

Auf dem Weg zum Trælanípa

Der Bøsdalafossur

Der Bøsdalafossur

Auf dem Weg zum Trælanípa

Auf dem Trælanípa

Verwirrende Namensgebung

So, das erfahre ich wenig später nach unserer Wanderung von einem Einheimischen, Sørvágsvatn heißt der See nur, wenn man vom Westufer aus schaut. Da ich jedoch heute das Ostufer erkunde, schaue ich eindeutig auf den Leitisvatn. Und auch das ist nicht ganz richtig. Denn beide Namen sind sächlich, ich müsste eigentlich „auf das Leitisvatn“ sagen. Verwirrend.
Der See ist leicht S-förmig gebogen, länglich und von hier oben vollständig zu überblicken. Im Norden hat er die ehrenvolle Aufgabe, als Notwasserfläche herhalten zu dürfen, falls eines der seltenen Flugzeuge mit zu viel Schwung die Landebahn nimmt. Da es während unserer ganzen Wanderung jedoch keine Landung gibt, bleibt dieses Ereignis theoretisch.

Der Bøsdalafossur

Mooriges Ufer

Mooriges Ufer

Der Leitisvatn

Der Bøsdalafossur

Auf dem Trælanípa

Wir laufen nach Süden. Links neben uns steigt sachte der Grashang zu drei deutlich auszumachenden Gipfeln an, der höchste vor uns im Süden, der Ritubergsnøva. Daran schließt sich eindrucksvoll die Klippe Trælanípa an. Diese erreichen wir jetzt. Entlang dem schroffen Steilabsturz direkt ins Meer führt in sicherer Entfernung ein Pfad hinauf zum Gipfel der Klippe. Immer wieder kann ich von hier in die Schlucht schauen, die zwischen Trælanípa und Ritubergsnøva vom Meer umtobt wird und tausenden Vögeln ein Zuhause ist.
Und dann ist er da, der Blick unter den See. Vielleicht ist es auch eine optische Täuschung? Schwer zu sagen. Denn der Fels in der Schlucht ist so weit ausgehöhlt, dass das Meer bis unter den See darüber zu schwappen scheint. Ich frage mehrere Leute, die mir bestätigen, dass die Höhlen dort sehr tief in den Berg reichen. Bei ruhiger See kann man es sogar wagen, mit einem kleinen Boot dort hinein zu fahren.

Der Leitisvatn

Pause am See

Grausige Geschichte der Klippe

Heute ist das jedoch undenkbar, das Meer ist zu wild und aufgebracht. Und ob die Höhlen nun wirklich bis unter den See reichen? Konnte mir dann letztlich niemand sagen. Wenn das so ist, ist das der einzige unterkellerte See, den ich kenne.
Wir wandern die Klippe empor. Von hier aus sehe ich Koltur und Hestur wie zwei Urgeschöpfe im Meer liegen. Der Name der Klippe heißt übersetzt „Sklavenklippe“. Die Geschichte der Klippe ist entsprechend grausig. Noch zu Wickingerzeiten wurden hier Sklaven, die nicht mehr zum Arbeiten in der Lage waren, hinunter gestoßen. Ein Blick über den Rand spricht eindeutig von der Endgültigkeit, die das bedeutet hat. Senkrecht schaue ich hier 148 m in die Tiefe.

Miðvágur

Miðvágur

Das kurze Dasein des Bøsdalaá

Zurück zum Seeufer geht es nun unwegsam über Blöcke. Eine willkommene Abwechslung zum einfachen Wanderweg. Allerdings auch ein kurzes Vergnügen, denn schon nach 500 m ist die Südspitze des Sees erreicht. Stehe ich jetzt eigentlich am Leitisvatn oder am Sørvágsvatn?
Den Abfluss des Sees, den Bach namens Bøsdalaá kann man recht einfach über Steine überqueren. Spätestens hier, in der Bachmitte, weiß ich nicht mehr, wie der See hinter mir heißt. „Bach“ ist übrigens auch nicht wirklich die richtige Bezeichnung, da nach wenigen Metern schon die Felskante erreicht ist und das Bach-/Seewasser sich aufs ansehnlichste in einen Wasserfall verwandelt. Der Bøsdalafossur ist von Beruf Fotomodel. Die meisten unserer Mitwanderer schießen hier – genau wie wir auch – ein Foto. Recht so.

Torf als Heizmaterial

Zurück führt uns der Weg direkt am Seeufer entlang. Hier stehen jede Menge verlassene, teilweise eingestürzte Steinhütten. Früher wurde hier Torf gestochen, dass zum Heizen gebraucht wurde. Das wenige Treibholz, dass die Färinger an der Küste fanden, war ein zu kostbares Baumaterial, als dass man es verbrannt hätte.
Schließlich gelangen wir wieder zu unserem Ausgangspunkt zurück. Ohne Nebel, ohne Regen. Das ist auf den Färöern schon etwas Besonderes!

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